Erfurt. Philipp Selentin, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen, beantwortet Leserfragen.

Mein Mann und ich möchten für den ersten Todesfall den jeweils anderen Ehegatten und für den zweiten Todesfall unser gemeinsames Kind einsetzen (Berliner Testament). Vielleicht wollen wir später aber unsere beiden Enkelinnen bedenken. Können wir das Testament jederzeit wieder ändern oder sind wir daran gebunden?

Bis zu dem Zeitpunkt, in welchem der erste von Ihnen verstirbt, kann das Testament von Ihnen gemeinsam jederzeit geändert werden. Die Bindungswirkung ab dem Tod des Erstversterbenden kann auf verschiedene Weisen geregelt werden: Eine Variante ist die strenge Bindungswirkung, bei welcher der Überlebende die Einsetzung des Schlusserben – hier des gemeinsamen Kindes – grundsätzlich nicht mehr abändern kann. Der überlebende Ehegatte muss dann die Erbschaft des Verstorbenen ausschlagen, um für sein eigenes Vermögen andere Regelungen treffen zu können. Dies führt zwar zu einer starken Vermögensbindung innerhalb der Familie, kann aber auch zu erheblichen Problemen führen, wenn sich das Verhältnis zum Kind, dem Schlusserben, schlecht entwickelt.

In einer anderen Variante wird dem Überlebenden das Recht gegeben, das gemeinsame Testament auch nach dem ersten Todesfall noch abzuändern. Die Folge ist eine große Flexibilität, jedoch kann es zu Erbeinsetzungen kommen, welche der zuerst Verstorbene nicht gewollt hätte.

Schließlich kann das Recht zur Abänderung auf einen bestimmten Personenkreis, etwa die gemeinsamen Abkömmlinge wie Kinder, Enkel und Urenkel, beschränkt werden.